Mehr als 47 Jahre war Bernd Leippe als Amtsträger im Bezirk Essen tätig, davon die letzten acht Jahre als Bezirksevangelist. Zusammen mit den Bezirksevangelisten Wolf-Günther Horn und Martin Hoyer, dem heutigen Bezirksältesten, arbeitete er zuletzt an der Seite des Bezirksältesten Günter Törner.
Seit dem 10. Oktober 2010 ist Bernd Leippe im Ruhestand. Über seine Erlebnisse und Erfahrungen während der Amtszeit sowie das „neue Leben“ im Ruhestand erzählt er im Interview mit Redakteurin Britta Leippe.
Britta Leippe (Br. L.): Bezirksevangelist, Du bist vor eineinhalb Jahren nach 47-jähriger Amtszeit in den Ruhestand getreten. Was hat sich geändert?
Bernd Leippe (B. L.): Den Eintritt in einen Ruhestand hatte ich insofern schon geübt, als ich im Mai 2007 vorzeitig in den beruflichen Ruhestand getreten bin. Von da an hatte sich meine zeitliche Beanspruchung bereits deutlich reduziert; ich war tagsüber zu Hause. Mit dem kirchlichen Ruhestand kam hinzu, dass ich dann auch die Abendstunden zu Hause verbringen konnte. Mir wurde im Nachhinein bewusst, wie viel Zeit doch die kirchliche Arbeit in den vielen Jahren beansprucht hatte. Hinzu kommt, dass ich jetzt völlig entspannt in den Gottesdienst gehen kann, weil die Vorbereitung auf den Gottesdienst weggefallen ist. Und: Mein Platz ist nicht mehr hinter dem Altar, sondern vor dem Altar.
Br. L.: Und wie nutzt Du jetzt die gewonnene Zeit?
B. L.: Endlich habe ich Gelegenheit, „Leseschulden“ abzubauen, die sich im Laufe der Zeit angesammelt haben. Natürlich hat auch die Reisetätigkeit zugenommen, weil ich mich nicht mehr nach begrenzten Urlaubskontingenten richten muss. Aus meiner langjährigen Berufstätigkeit als Berater im kommunalen Steuerrecht werde ich noch nachgefragt. So erreichen mich immer wieder Einladungen von Seminarveranstaltern und anderen Einrichtungen zu einer Vortragstätigkeit. Oftmals begleitet mich meine Frau zu solchen Veranstaltungen. Allerdings erfordert die Beratungstätigkeit im Steuerrecht angesichts der ständigen Veränderungen eine permanente Weiterbildung, weil man sonst nicht aktuell sein kann. Meine Situation stellt sich also wie folgt dar: Ruhestand ja, Stillstand nein.
Br. L.: Wie bewertest Du aus der Rückschau Deine Zeit als Amtsträger?
B. L.: Mit der langjährigen Erfahrung von heute würde ich noch einmal die Vorsteheraufgabe wahrnehmen wollen – ich würde manches anders machen. Ähnliches gilt auch für die Tätigkeit als Bezirksamt. Auch hier gilt wie überall im Leben: Im Nachhinein ist man immer schlauer.
Als Bezirksamt habe ich drei Jahre mit dem Bezirksältesten Manuel Carrasco zusammengearbeitet und anschließend fünf Jahre mit dem Bezirksältesten Günter Törner. Beide waren von einem völlig unterschiedlichen Naturell. Ich muss aber sagen, dass die Zusammenarbeit mit beiden mir viel Freude bereitet hat.
Br. L.: Wenn Du zurückblickst, was fehlt Dir dann?
B. L.: Ich denke an zwei Dinge. Beruflich war ich Mitglied in zwei Arbeitskreisen des Deutschen Städtetages, die sich halbjährlich in immer anderen Städten zu Arbeitssitzungen trafen. So lernte ich Deutschland kennen und vor allem hervorragende Menschen aus allen Landschaften Deutschlands, mit denen ich zum Teil heute noch in herzlicher Verbindung stehe.
Zum anderen habe ich es immer als außerordentlich wohltuend empfunden, wenn ich als Bezirksamt an den überbezirklichen Treffen mit unserem Bezirksapostel und Apostel teilnehmen durfte. Diese Begegnungen waren mir immer sehr wertvoll, nicht zuletzt, weil ich auch die Bezirksämter aus anderen Bereichen näher kennenlernen konnte.
Br. L.: Wie empfindest Du nun die Situation „in der Bank“?
B. L.: Jetzt erst bekomme ich mit, was vor dem Gottesdienst so in der Gemeinde geschieht oder auch nicht geschieht. Davon hatte ich vorher keine Ahnung, da ich ja immer im Ämterzimmer saß. Wenn ich heute in die eine oder andere Kirche eintrete und kein Orgelspiel höre, dann befremdet das schon. Und wenn ich auch das ein und andere mitbekomme, dann übe ich mich gerne in Geduld und Toleranz und sage mir, die Verantwortung liegt jetzt bei anderen.
Br. L.: Wie erlebst Du die Gottesdienste?
B. L.: Nun, während ich vorher aktiv den Gottesdienst gestaltete, nehme ich jetzt passiv am Gottesdienst teil. Das muss man auch erst einmal lernen. Mit dieser Situation hatte ich mich schon lange vorher gedanklich auseinandergesetzt. Grundsätzlich erlebe ich erbauliche, inhaltsreiche und beseligende Gottesdienste, wobei ich jetzt auch Priester höre, die ich bisher nicht im Gottesdienst erlebt habe. Dabei will ich nicht verhehlen, dass mir persönlich schon mal ein Gottesdienst zu lang wird. Wenn die reine Wortverkündigung insgesamt 50 Minuten einnimmt, dann ist mein Aufnahmevermögen leider erschöpft. Aber das sind - Gott sei Dank - Ausnahmen.
Jetzt im Ruhestand erlaube ich mir auch, dann und wann einen Gottesdienst in Gemeinden zu besuchen, die ich vorher dienstplanmäßig aufgesucht habe. Dabei erlebe ich, dass sich die Geschwister über das Wiedersehen freuen. Ebenso nutze ich gerne die Möglichkeiten, an den Gottesdiensten des Apostels und Bischofs teilzunehmen.
Br. L.: Wie ist Deine Beziehung zu der neuen Bezirksleitung?
B. L.: Beide Männer kenne ich bereits seit einigen Jahren, in denen wir eng zusammen gearbeitet haben. In dieser Zeit habe ich sie auch schätzen gelernt. Bereits in den ersten Monaten erlebe ich, dass sie mich an dem aktuellen Informationsfluss beteiligen. Das vermittelt mir das schöne Gefühl, eingebunden - aber nicht verantwortlich - zu sein. Insoweit liegt die Leitung des Bezirks Essen in guten und bewährten Händen. Und ich bin dankbar, dass das so ist.
Br. L.: Welche konkreten Reisepläne hast Du?
B. L.: Im Jahre 2009 nahmen wir an einer Studienreise nach Israel teil, die unendlich viele Einblicke, insbesondere in das Wirken Jesu, vermittelte. Danach war ich eigentlich erst so richtig ausgerüstet, um Gottesdienste zu halten – aber das ist ja vorbei. Diese Reise werden wir im Herbst dieses Jahres so ähnlich wiederholen. Beim ersten Mal waren die Eindrücke und Informationen so gewaltig, dass man Vieles gar nicht aufnehmen konnte. Von der zweiten Reise versprechen wir uns, dass wir Vieles bewusster wahrnehmen werden.
Im Frühjahr vergangenen Jahres unternahmen wir ebenfalls eine Studienreise, die uns in die Türkei (Süden und Mitte) führte. Hier folgten wir weitgehend den Spuren des Apostels Paulus. Allerdings ist die Bibelnähe nirgendwo so intensiv wie in Israel. Im kommenden Jahr planen wir, eine weitere Türkei-Reise, die uns dann die West-Türkei mit den Offenbarungs-Gemeinden einschließlich der Insel Patmos näher bringen soll.
Br. L.: Merkt Deine Frau, dass Du ganztägig zu Hause bist?
B. L.: Nun, im Haushalt wird sie nicht viel merken, weil ich keine Hausarbeiten übernommen habe. Arbeitsteilig haben wir uns so abgestimmt, dass ich dafür die Arbeiten und Aufgaben erledige, die ihr nicht so gut liegen. Aber beim Einkaufen begleite ich sie doch, um ihr dann beim Tragen zu helfen. Im Übrigen erlebe ich jetzt, wie viel Zeit doch das Einkaufen für den täglichen Bedarf in Anspruch nimmt.
Br. L.: Welche Wünsche hast Du an die Zukunft?
B. L.: Ich persönlich wünsche mir noch mehr innere Gelassenheit in allen Situationen des täglichen Lebens und des Glaubenslebens. Fernerhin möchte ich zusammen mit meiner Frau noch viele schöne Tage gemeinsamen Erlebens verbringen. Zu allen Vorhaben möge Gott auch eine gute Gesundheit schenken. Und über allem steht der Wunsch nach der würdigen Erreichung des Glaubensziels.
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