Im vergangenen Jahr fand ein Generationswechsel im Essener Bezirk statt (wir berichteten). Bezirksapostel Armin Brinkmann versetzte Günter Törner (heute Bezirksältester in Ruhe), Wolf-Günther Horn (heute Bezirksevangelist in Ruhe) und Bernd Leippe (Bezirksevangelist in Ruhe bereits ein Jahr zuvor) in den Ruhestand. Martin Hoyer als Bezirksältester und Uwe Hillen als Bezirksevangelist wurden vom Bezirksapostel an die Spitze des Essener Bezirkes ordiniert. In loser Reihenfolge stellen wir Gespräche mit ihnen vor.
Dreißig Jahre lang hatte Günter Törner das Amt des Bezirksältesten inne. Ab dem 4. Oktober 1981 stand er dem damals neu gegründeten Bezirk Rheinhausen vor. Mit dem Ruhestand des Bezirksältesten Helmut Follak wurde er am 28. August 1983 nach Essen-Nord versetzt. Als die Strukturreform 2005 in Kraft trat, wurde Günter Törner für den gesamten Essener Bezirk zuständig (allerdings mit Ausschluss der Bottroper Gemeinden). Lebhaft erzählt er im Interview mit Redakteurin Saskia Wiza über seine Zeit im Ehrenamt.
Saskia Wiza: Am 4. Oktober 1981 wurdest Du zum Bezirksältesten berufen. Auf dieses Amt kann man sich nicht selbst bewerben, sondern man wird gewählt. Was ging damals in Dir vor?
Günter Törner: Sicherlich keine Begeisterung. Aber ich stand zu meinem „Ja“ dem Herrn gegenüber. Irgendwann ist die anspruchsvolle Aufgabe von einer Belastung zur Freude gewechselt und wurde vorrangige Herzenssache. Wichtig ist, dass man von den Geschwistern und Brüdern zu 100 Prozent akzeptiert wird.
S. W.: Den ersten Gottesdienst für die neue Gemeinde Xanten hieltest Du am 7. März 1982. Vor Deiner Zeit hatte es dort keine Neuapostolischen Christen gegeben?
G. T.: Während meiner zwei Jahre als Bezirksältester in Rheinhausen folgten die Brüder und ich der Aufgabe, die uns vom damaligen Stammapostel Hans Urwyler aufgetragen wurde: „Wir gehen in die weißen Flecken und versuchen, dort Gemeinden zu gründen!“ Mein Aufgabengebiet erstreckte sich zu jener Zeit von Rheinhausen bis Kleve. Xanten und der Wallfahrtsort Kevelar zum Beispiel gehörten zu den sogenannten „weißen Flecken“ auf der Landkarte. Dort gab es kaum Neuapostolische Glaubensgeschwister. Heute findet man im Bezirk Niederrhein 16 Kirchen und gut 2660 Gläubige. Der Aufruf des Stammapostels hat Segen bewirkt, auch wenn sich nicht alle unsere Hoffnungen erfüllt haben. Mit dem Wissen über Demografie heute wären wir natürlich zurückhaltender.
S. W.: Welche waren Deine vornehmlichen Aufgaben als Bezirksältester im Essener Norden – und nach der Zusammenlegung im Jahre 2005 - im Essener Bezirk?
G. T.: Bezirksvorsteher zu sein heißt: Man hat ein Amt und eine Aufgabe. Beide sind immens groß. Dabei ist man zu 80 Prozent Verwaltungsmensch und 20 Prozent Seelsorger. Leider hat das Administrative in den letzten Jahren fortwährend zugenommen, auch wenn man sicherlich versucht zu delegieren; allerdings muss man den Überblick behalten und hat letztlich die Verantwortung.
Meine vordringliche Aufgabe seit 2005 bestand darin, die beiden Bezirke – Essener Süden und Essener Norden – zusammen zu führen. Durch 22-jährige unterschiedliche Leitung hatten sie sich unterschiedlich entwickelt. Man darf auch nicht übersehen, dass zwischen Norden und Süden allein in unserer Stadt ein Gefälle herrscht, das ich nicht näher zu erläutern brauche.
Meine zweite Aufgabe bestand darin, den Bezirk aufgrund der demografischen Entwicklung zukunftsfähig zu machen. Von ehemals 20 Gemeinden haben wir bisher 13 erhalten können.
Schließlich wollte ich Impulse für sich selbst organisierende Gruppen setzen, das hatte sich sehr in Essen-Nord bewährt.
Dabei muss ich sagen, dass mir Bezirksevangelist Bernd Leippe loyal zur Seite gestanden hat. Das Arbeiten mit Bezirksevangelist Wolf-Günther Horn, den ich seit 1985 kenne, war optimal und bewährt. Wir waren alle dankbar, als uns der Bezirksapostel euren heutigen Bezirksvorsteher als Bezirksevangelisten schenkte. Zeitweise waren wir fast feudal besetzt. Das ermöglichte es, dass jeder Ressorts betreute. Es war ein schönes Arbeiten; Hand in Hand.
S. W.: Gab es einen Bereich, der Dir besonders am Herzen lag?
G. T.: Es gibt mehrere Bereiche. Da ist zunächst der Bereich Kindergottesdienst und Kindersonntagsschule zu sehen. Wir müssen in die Kinder investieren, in unsere Zukunft. Dann ist es mir ein Anliegen gewesen, das Leben in den Gemeinden zu stärken, Gesprächsplattformen (Theologie) einzurichten und die Arbeitskreise wert zu schätzen.
Gerne hätte ich auch eine sich wechselseitige suchende Studentengemeinde im westlichen Ruhrgebiet geschaffen. Die Studierendengottesdienste waren erste, sehr schöne Versuche, die ich aber aus verschiedenen Gründen nicht weiter verfolgen konnte.
S. W.: Du bist Professor der Mathematik und dementsprechend beruflich häufig unterwegs. Wie war die doppelte Arbeit – im Berufsleben und auf kirchlichem Gebiet tätig zu sein – zu schaffen?
G. T.: Im Nachhinein kapiere ich das nicht, wie ich das 30 Jahre geschafft und ausgehalten habe. Gleichwohl sollte ich auf die Hilfe von oben und göttlichen Segen verweisen; das bleibt mir als einzige Erklärung. Im Jahr fliege ich, bedingt durch meine Arbeit, 40 000 Meilen. Die Zeit für die Reisen konnte ich mir zum Teil frei terminieren. Zudem hatte und habe ich meist parallel zwei Computer laufen, um Mails zu beantworten, etc. Man weiß, dass ich das kann; aber ich war und bin nicht nur ein E-Mail-Mann, wie man mir manchmal vorgeworfen hat. Persönliche Gespräche und individuelle Seelsorge, das liebte ich sehr.
Meine Frau hat mich sehr stark unterstützt. Und auch meine beiden Kinder mussten verzichten. Der Herr hat uns gesegnet, das muss man herausstellen.
S. W.: Gab es Augenblicke, die Dir ganz besonders in Erinnerung geblieben sind?
G. T.: Zunächst besondere Festgottesdienste, z.B. dass wir es geschafft hatten, den Stammapostel in Bottrop in der Emscher-Zone zu erleben; ich denke gerne zurück an den KiGo-Gottesdienst des Bezirksapostels 2007, an seinen Studierendengottesdienst in E-Altenessen. KiGo-Kindergottesdienste, ich habe sie gerne gehalten, sie waren mir immer eine große Herausforderung. Ich erinnere mich an KiSo_6-9 im letzten Jahr, als ich ein schweres Kruzifix in die Kirche getragen habe – und die Kinder waren begeistert über den Anschauungsunterricht. Ja, Gottesdienste waren mir immer ein besonderes Erleben, ich habe sie als Unikate empfunden. Ich muss die Liste abkürzen, möchte aber auch auf den 2. Vers von Lied 329 verweisen; der sagt viel über mein Erleben („O wie lieb ich, Herr, die Deinen ...“)
S.W.: Was gibst Du dem neuen Team, Bezirksältesten Martin Hoyer und Bezirksevangelisten Uwe Hillen, mit auf den Weg?
G. T.: Ach, jede Generation muss ihre eigenen Erfahrungen machen. Ich sage nur einen Satz: Das Ohr an der Gemeinde halten! Ich habe unendlich viel seit dem 9. Oktober 2011 hinzugelernt.
S.W.: Lieber Bezirksältester in Ruhe, ich danke Dir für dieses Gespräch.
Günter Törner, im Berufsleben Professor der Mathematik an der Universität Duisburg – Essen, wird im Sommer 65 Jahre alt. Bis Herbst 2014 wird er weiterhin für die Universität tätig sein. Privat stehen er und seine Frau morgens um fünf Uhr auf. Um 6:30 Uhr steht ihr Enkelkind vor der Tür, das eine Stunde später von der Oma, die anschließend zur Arbeit geht, in den Kindergarten gebracht wird. Für die Kirchenchronik ist eine zweite Auflage der „Spurensuche“ bereits in Arbeit. Über das Leben als Bezirksältester in Ruhe sagt Günter Törner: „Nun habe ich einen anderen Blick. Ich erlebe Gemeinde in anderer Vielfalt, auch Individualität.“
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